Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern

Archäologie Bern / Archéologie bernoise (Hrsg.): Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern 2009 / Annuaire du Service archéologique du canton de Berne 2009. . Bern 2009 : Rub Media, ISBN 978-3-907663-17-2 235 S.

Archäologie Bern / Archéologie bernoise (Hrsg.): Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern 2010 / Annuaire du Service archéologique du canton de Berne 2010. . Bern 2010 : Rub Media, ISBN 978-3-907663-24-0 281 S.

Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Walter Thut

Die beiden Bände zu den archäologischen Jahren 2008 und 2009 sind in ihrer Form Früchte der Reorganisation des Archäologischen Dienstes des Kantons Berns (ADB) im Jahr 2007 und des neuen Konzepts für die Veröffentlichungen. Konturenreicher und farbiger als früher kommen nach einem ersten auch die Bände 2 und 3 der neuen Reihe der Jahrbücher daher. Sie sind Rechenschaftsberichte über die Tätigkeit des jeweiligen Jahres. Wiederum wird in jedem Jahresband eine Liste der Fundstellen und archäologischen Aktivitäten publiziert (Fundberichte). In zwei, drei oder auch mal vier Sätzen wird dort die Arbeit umschrieben und in knapper Weise wissenschaftlich gewürdigt. Die Liste gibt einen Überblick über die Gesamtheit der Tätigkeit des ADB im Berichtsjahr. Ausgewählte Fundstellen werden in Kurzberichten von vier bis acht Seiten Länge in gut lesbarer und attraktiv illustrierter Weise näher vorgestellt. Im Band zum Jahr 2008 sind das 21 von 106 Fundstellen, für das Jahr 2009 22 von 101 Fundstellen. Die Auswahl mag vielleicht etwas vom Zufall geleitet sein, aber wer in einem Band einen Artikel vermisst, wird vielleicht im Folgejahr fündig, da eine Fundstelle den ADB ja über Jahre beschäftigen kann und ein Kurzbericht, und erst recht ein Aufsatz, manchmal erst in einem späteren Jahr gerechtfertigt scheint. Wissenschaftliche Aufsätze, die längste der im Jahrbuch gewählten Formen, hier von manchmal gegen 50 Seiten Länge wie z. B. der Aufsatz über Reichenbach, Burg und Letzi Mülenen (2009) oder Spiez, Einigen, Hollenweg 3 (2010), schliessen die Berichterstattung
ab.
Für die meisten Texte in den Jahresberichten gilt, dass Informationsfülle, Lesbarkeit und Publikumsfreundlichkeit realisiert wurden (gesetztes Ziel, im Vorwort des Bandes zum Jahr 2007 formuliert). Die Herausgeber bleiben dem für die Publikation gewählten Konzept von 2007 mit guten Gründen treu. Inhaltlich überzeugt es. Und über das vielleicht etwas unruhige Layout kann man auch hinwegsehen. Die Publikation ist im Titel zweisprachig gehalten. Es stehen auch tatsächlich Texte in deutscher und französischer Sprache nebeneinander, weil ja in beiden Sprachgebieten geforscht wird und Autorinnen und Autoren beiderlei Zunge im ADB beschäftigt sind. Übersetzungen werden aber keine geliefert, ebensowenig Kurzzusammenfassungen in der jeweils anderen Sprache, bis auf eine Ausnahme im Band für das Jahr 2010. Zweisprachigkeit muss man beim Leser oder bei der Leserin darum voraussetzen, aber die Publikation wendet sich ja auch an ein grösstenteils an Wissenschaft interessiertes oder für die Wissenschaft tätiges Publikum. Die Texte sind aber verständlich geschrieben und reich illustriert, sodass sie auch interessierte Laien erreichen. Integral in beiden Sprachen vorhanden sind das Vorwort und der Tätigkeitsbericht.

Der Bericht für das Jahr 2009 nennt als Hauptaufgaben des ADB die Überprüfung von 5 876 (Vorjahr 5 781) Baupublikationen und daraus erwachsend 261 schriftliche Stellungnahmen. Weiter wurden 160 (Vorjahr 155) Grabungsorte betreut, kleine mit Aufwand von ein paar Stunden, aber auch solche, die Monate beanspruchten. Die grössten waren die prähistorische Seeufersiedlung Sutz-Lattrigen und Täuffelen, die Überreste des mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Galgens von Bern (Schönberg Ost), die Keltengräber und das römische Gutshofareal in Ipsach (Räberrain) sowie Ausgrabungen in Kallnach, Langenthal, Moutier und Studen. Auch wurden im Laufe des Jahres 2009 weit über hundert Anlässe zur Information der Öffentlichkeit mit manchmal gegen 500 Interessierten durchgeführt. Weiter galt es, mitzuhelfen bei der Vorbereitung der Unesco-Kandidatur «Palafittes». Ein interessanter Artikel im Band 2010 thematisiert das in Entstehung begriffene repräsentative (archäologische) Inventar, in dem derzeit knapp 4 000 Fundstellen verzeichnet sind. Die Verteilung dieser Fundstellen ist heute nicht repräsentativ. Funde in Siedlungsgebieten sind häufiger, weil dort häufiger interveniert werden musste als in Randregionen, oder aber, weil in einem gewissen Gebiet systematisch gearbeitet wurde (Beispiel Gadmen- und Gental, wo im Rahmen eines Projektes viele neue Erkenntnisse zu Siedlungsstrukturen der Vergangenheit gemacht wurden, die sonst nicht einfach so entdeckt worden wären). Die Lücken in diesem Inventar möchte man in den nächsten Jahren verkleinern oder ganz schliessen.

Ein anderer Artikel im gleichen Band thematisiert den Umstand, dass 80 % aller Metallobjekte, die gefunden werden, und das sind immerhin 20 % aller Funde überhaupt, sofort nach ihrer Bergung einem irreversiblen Abbauprozess ausgesetzt sind und längerfristig der gänzlichen Zerstörung anheimfallen. Im Band 2009 wird auch kurz das 40 - Jahre - Jubiläum des ADB thematisiert. Die vierzig Jahre sind sicher nicht «zweifelhaft», wie im Vorwort zu 2009 geschrieben wurde, aber sie decken lediglich einen Viertel der Periode ab, seit der im Kanton Bern zur Sicherung des Wissens über unsere Vergangenheit mit Hacke und Spaten ausgerückt wurde. Sympathisch an den Jahresberichten ist auch, dass es in den Jahrbüchern nach dem neuen Konzept nicht allein um die Arbeit und die Erfolge des ADB geht, sondern die Menschen dahinter seit 2008 auch ein Gesicht haben.

Zitierweise:
Walter Thut: Rezension zu: Archäologie Bern / Archéologie bernoise. Jahrbuch des Archäologischen Dienstes des Kantons Bern 2009 / Annuaire du Service archéologique du canton de Berne 2009. Bern: Verlag Rub Media 2009. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 74 Nr. 1, 2012, S. 48-50.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 74 Nr. 1, 2012, S. 48-50.

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